Immortale Dei

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  • Enzyklika Leo's XIII. von Allerheiligen 1885
  • In diesen Rundschreiben ist die Lehre vom "wahren Staat“ in komprimierter Form zusammengefaßt. Die Lektüre des Rundschreibens ersetzt ein ganzes Hochschulstudium.


Die christliche Lehre vom Staat

Wie vom Heiligen Vater Papst Leo XIII. formuliert in der Enzyklika "Immortale Dei“ am 1.11.1885. Eine Einführung von Martin Möller

Staatslehre des "2. Vatikanums" ist gescheitert

Das "Zweite Vatikanische Konzil“ und mit ihm die Päpste seit Johannes XXIII. haben versucht, eine neue christliche Staats- und Soziallehre zu formulieren. Man kann heute ohne Einschränkung feststellen, daß dieses Vorhaben vollständig gescheitert ist. Ohne die im Zusammenhang mit dieser Frage auftauchenden dogmatischen Probleme zu tangieren, sei an dieser Stelle festegestellt, daß die neuartige Staats- und Gesellschaftslehre ungeeignet ist und daß sie die tatsächliche und wahrheitsgemäße Lehre der Kirche nicht aufgehoben hat, weil sie dazu nicht in der Lage war. Im Gegenteil - die seit den Aposteln formulierte Lehre, die der Kirche zu allerhöchstem Ruhme gereicht, ist nach wie vor gültig und in Kraft, sie ist verbindlich für die Lehre in Kirche und Welt. Die entgegenstehenden Lehren des "Konzils“ müssen verworfen werden.

Wahrheitsgemäße Lehre Leo's XIII.

Um eine Vorstellung von der Art der wahrheitsgemäßen christlichen Staats- und Soziallehre zu geben, stellen wir heute die Enzyklika "Immortale Dei“ (ID) von Papst Leo XIII. vor, in der diese Lehre in klarer und knapper Weise dargelegt und zusammengefaßt wurde. Es sei festgestellt, daß die katholische Soziallehre ohne die Berücksichtigung der Lehre über den Staat völlig sinnlos ist und - wie man täglich weltweit beobachten kann! - auch völlig wirkungslos bleiben muß.

Leo XIII. veröffentlichte sein Rundschreiben am Allerheiligentag 1885. Er war kein Mann der Reaktion, sondern nutzte alle Möglichkeiten seines Amtes, um mit den Kräften der modernen Welt zu einem gedeihlichen Miteinander zu kommen. Dabei versuchte er im Gegensatz zu vielen seiner Nachfolger im 20. Jahrhundert jedoch nie, die wahrheitsgemäße Lehre der Kirche zu relativieren oder durch neuartige Konstruktionen außer Kraft zu setzen. Sein Ziel war es, den christlichen Staat, die christliche Gesellschaftsordnung auch in einer veränderten Welt zu erhalten und das Evangelium in der Moderne fruchtbar zu machen.

Beendigung des Kulturkampfes

Den Kulturkampf in den zeitgenössischen europäischen Staaten beendete er, soweit es immer möglich war. In Deutschland führte diese Politik zur Abschaffung fast aller antikatholischen Bestimmungen und zu einer konstruktiven Politik der Hereinnahme des Zentrums in die politische Arbeit des Borussenimperiums (Windthorst). Man könnte zusammenfassen, daß Leo XIII. der Repräsentant des wahrheitsgemäßen Aggiornamento im Gegensatz zum heutigen falschen, verfehlten Aggiornamento ist. Ich erwähne dies hier nur deshalb, um nicht den verfehlten Eindruck entstehen zu lassen, beim Verfasser von ID handele es sich um einen Reaktionär oder einen "hardliner“. Das Gegenteil ist der Fall.

Präambel

Das Rundschreiben "Immortale Dei“ hat wie die meisten päpstlichen Rundschreiben seinen Namen von den Anfangsworten des ersten Satzes des Schreibens. Er sei hier (auf deutsch) wiedergegeben: "Obgleich die Kirche, dieses unsterbliche Werk des barmherzigen Gottes, an sich und ihrer Natur nach das Heil der Seelen und die einstige Glückseligkeit im Himmel zur Aufgabe hat, so gehen doch von ihr große und reiche Segnungen auch über die Dinge des vergänglichen Bereiches aus; und zwar so sehr, daß, wäre die Kirche in erster Linie und hauptsächlich für die Wohlfahrt des Lebens hier auf Erden gegründet worden, diese Segnungen nicht zahlreicher und größer sein könnten."

Leben in Gesellschaft und Staat sind wesenhaft

Leo geht zunächst auf die Grundlagen der menschlichen Gesellschaft ein. Das Leben in der bürgerlichen Gemeinschaft ist dem Menschen angeboren, es ist Teil seines Wesens und kann nicht von diesem getrennt werden. Diese bürgerliche Gemeinschaft kann nur dann bestehen, wenn einer an der Spitze aller steht, "der durch kräftigen und gleichmäßigen Impuls jeden einzelnen zu dem gemeinsamen Ziel hinwendet“. Diese Autorität hat, gleich der Gesellschaft selbst, in der Natur und somit in Gott selbst ihren Ursprung. Die staatliche (personale) Gewalt hat somit in Gott ihren Ursprung und daraus folgt, daß alle staatliche Gewalt von Gott her ihren Ursprung hat.

Pflichten des Staates

Das Recht zum Herrschen ist allerdings an keine spezifische Form des Staates gebunden: Die ersten im Staate haben in jeder staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung vor allem auf Gott hinzublicken und seinen Weisungen zu folgen. Deshalb soll die Regierung des Staates nicht herrisch sein, sondern väterlich. Sie soll zum Wohl der Bürger handeln, weil dies der Sinn des Staates ist. In einem so gelenktem Staat erkennen die Bürger, daß Herrschergewalt auf göttlicher Autorität beruht und tun gern ihre Pflicht. Es folgt, daß der Widerstand gegen die gottgesetzte Ordnung des Staates Sünde ist und sich selbst die Verdammnis zuzieht.

Pflicht zur Gottesverehrung

Der Staat hat durch die öffentliche Übung der Gottesverehrung seine Pflichten zu erfüllen, die ihn mit Gott verbinden. Nicht nur der Glaube, auch Natur und Vernunft gebieten es, Gott zu verehren. Dies sollte unmittelbar einleuchten. Hat der einzelne Mensch Gott zu danken, so hat es der Mensch in der Gemeinschaft nicht minder. Dabei ist zu beachten, daß weder Mensch noch Staat das Recht haben, sich irgend eine Religion wählen und diese zu praktizieren. Die Verehrung Gottes ist gemäß den Vorschriften zu erstatten, die Gott selbst erlassen hat, das heißt im Einklang mit der christlichen Kirche und dem kirchlichen Glauben. Es wäre Frevel, sich so zu verhalten, als ob es gar keinen Gott gäbe. Auch und gerade die Politiker und die Lenker der Staaten müssen die Vorschriften Gottes und der Kirche genauestens beobachten. Zudem muß der Staat so geführt werden, daß die Bürger in der Liebe zur Religion, zum Glauben und zur Kirche gestärkt werden.

Unterschiede Kirche - Staat

Es ist dabei sorgfältig zu beachten, daß die Kirche vom Staat ihrem Ursprung und ihrer Natur nach verschieden ist. Sie ist eine Gewalt und Institution eigenen Rechts. Dies haben alle Staaten zu allen Zeiten gewußt und danach gehandelt. Doch wurden beide Ordnungen von Gott gesetzt und richtig geordnet. Diesen Gedanken führt Leo zu dem Schluß: "Darum muß zwischen beiden Gewalten eine geordnete Einigung stattfinden, für die man nicht mit Unrecht das Verhältnis von Seele zum Leib im Menschen als Bild gebraucht hat.“ Aus dem hier gesagten folgt eine gewisse Arbeitsteilung zwischen Kirche und Staat: "Was im Leben der Menschen heilig ist, was immer auf das Heil der Seelen und auf die Gottesverehrung Bezug hat - sei es der Natur der Sache nach, sei es wegen einer ursächlichen Beziehung dazu - alles das ist der kirchlichen Gewalt und ihrer Verfügung unterstellt.“ Gerade durch diese Arbeitsteilung verleiht die christliche Staatsordnung dem Staat größere Festigkeit, eine höhere Weihe und eine größere Vollkommenheit. Leo faß zusammen:

"In einem so geordneten Staatswesen findet sich aber nichts, was der erhabenen Stellung der Regenten nicht würdig oder weniger angemessen wäre; weit davon entfernt, die Hoheitsrechte zu schmälern, ist es gerade die christliche Staatsordnung, welche diesen eine größere Festigkeit und höhere Weihe verleiht. Ja, wenn wir sie näher betrachten so stellt sich uns in ihr ein so hoher Grad von Vollkommenheit dar, wie sie keine der übrigen Staatsregeln besitzt; mannigfaltige und herrliche Früchte müßten gewiß daraus erblühen: wenn alle Glieder ihre Posten ausfüllten, pflichttreu und gewissenhaft ihres Amtes walten würden. … Jeder einzelne Mensch weiß dann, daß er auf dem gefahr- und mühevollen Weg in die Ewigkeit Anführer findet, die ihm den sicheren Pfad zeigen, Helfer die ihm bis ans Ende beistehen. Auch weiß er, daß andere ihm seine Sicherheit verbürgen und ihn in seinem Eigentum und in den übrigen Vorteilen, welche das Leben in der Gesellschaft mit sich bringt, schützen und bewahren. Die häusliche Gesellschaft empfängt die notwendige Festigkeit durch die Heiligkeit der einen und unauflöslichen Ehe: alle Rechte und Pflichten der Eheleute sind in Weisheit geregelt nach Gerechtigkeit und Billigkeit; der Frau bleibt die ihr gebührende Würde; die Autorität des Mannes wird ein Abbild der Autorität Gottes selbst, die väterliche Gewalt wird gemildert durch die Achtung, die der Frau und den Kindern gebührt; für den Schutz, die gedeihliche Entwicklung, für Unterricht und Erziehung der Kinder wird aufs Beste Sorge getragen.“

Falsche Lehren

Nachdem Leo auf die Erfolge dieser Lehre in Geschichte und Gegenwart eingeht, verwirft er die entgegenstehende Lehre, die auf folgenden falschen Grundsätzen beruht:

  • die Menschen sind da gleichartig, auch gleich zu behandeln
  • jeder Mensch ist sein eigener Gesetzgeber
  • die Regierung anerkennt nur den Willen der vielen Einzelnen, der durch Wahlen ermittelt wird
  • die Regierung (Staat) handelt nicht aus eigenem Recht, sondern als Bevollmächtigte des Volkes
  • Gott wird ignoriert und totgeschwiegen
  • die Religion ist Privatsache
  • die persönliche Ansicht und Meinung ist keinem Gesetz unterworfen
  • zügellose Publikationsfreiheit ist anzustreben.

Der falsche Staat ist auch leicht daran erkennbar, daß die Kirche herabgestuft wird, die die Ehe den Maßstäben des Staates unterworfen wird, die Kirche enteignet wird, eine Trennung von Staat und Kirche oktroyiert wird. Leo betont in diesem Zusammenhang, daß die Lehre von der Volkssouveränität "jeden vernünftigen Grundes entbehrt“. Ebenso wendet er sich gegen Presse- und Meinungsfreiheit: "So ist diese unumschränkte Meinungs- und Pressefreiheit, die weder Maß noch Grenzen kennt, keineswegs in sich etwas Gutes, woran sich die menschliche Gesellschaft mit Recht erfreuen könnte: Sondern sie ist Quelle und Ursprung von so vielem Bösen. Die Freiheit ist ein sittliches Gut, uns Menschen gegeben zu unserer Vervollkommnung.“

Nicht erst Sozialismus und Nationalsozialismus waren nötig um die Erkenntnis zu formulieren: "Ein Volk, dem man die Religion genommen hat, kann nicht sittlich gut sein und wir haben es bereits mehr als uns lieb ist erfahren, was jene s.g. "rein weltliche“ Wissenschaft von Leben und Sittlichkeit für eine Bedeutung hat und wohin sie führt.“

Freiheit muß sittlich gebunden sein

Zum Abschluß formuliert Leo den Rahmen, der notwendig ist, damit dieser christlichen Lehre Genüge getan werden kann. Dabei schärft er ein, daß die Freiheit, die das sittliche Gebot nicht beachtet, Frechheit ist und Sklaverei der Sünde. Die wahre Freiheit hingegen hat die Kirche zu allen Zeiten gut geheißen. Im Gegensatz zu der bis heut erschallenden lügenhaften Propaganda stellt Leo fest, daß die Kirche nicht die Neuerungen zurück weist, sondern lediglich die falschen Geister und falschen Meinungen. Er betont, daß sich Katholiken IM ALLGEMEINEN im Staate betätigen und auch höchste Staatsämter annehmen dürfen. Leo schließt die Möglichkeit nicht aus, daß Umstände eintreten können, unter denen es für Christen geboten ist, nicht im Staate mitzuwirken. Unter keinen Umständen dürfen Christen jedoch die Treue zur Kirche vernachlässigen. Leo kommt zum Schluß:

"Der unversehrte … Glaube kann nicht zusammengehen mit jenen Meinungen, welche dem "Naturalismus“ oder "Rationalismus“ beipflichten, deren Grundgedanke kein anderer ist, als: die christlichen Institutionen vollständig zu stürzen, Gott aus der Gesellschaft zu verbannen und dem Menschen die oberste Gewalt zuzuerkennen.“


Wortlaut des Rundschreibens