Jung, Edgar Julius

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  • † 1. Juli 1934


Leben

Am 1. Juli 2004 jährte sich zum 70ten Male der Tag der Ermordung von Edgar Julius Jung im Konzentrationslager Oranienburg bei Berlin.

Jung, 1894 geboren, stammte aus Ludwigshafen und führte seine ersten politischen Auseinandersetzungen in den Abwehrkämpfen gegen separatistische Bestrebungen in der Pfalz nach dem Ersten Weltkrieg. Es war eine schöne Zeit, denn Jung konnte nach der Zerschlagung dieser Bewegung in Bayern (!) Asyl suchen.

Nach parteipolitischem Engagement in der Stresemann-DVP betätigte sich Jung in den konservativen Zirkeln und veröffentlichte im Jahre 1927 sein demokratiekritisches Hauptwerk "Die Herrschaft der Minderwertigen“ (d. i. die Demokratie). Dieses Werk überarbeite er und erweiterte es in erheblichem Umfange, so daß 1930 die zweite Fassung erschien, die die einzig gültige Fassung ist.

Jung verfaßte das Manifest der Volkskonservativen Partei, wußte allerdings zu diesem Zeitpunkt bereits, daß es keinen parlamentarischen Weg zu einer Erneuerung Deutschlands geben kann.

Deshalb schloß er sich dem westfälischen Zentrumspolitiker Franz von Papen an, der bereit schien, den Staatstreich von rechts zu wagen und mit der Zerschlagung des sozialdemokratischen Preußens einen guten Anfang machte.

Es sei an dieser Stelle kurz erwähnt, daß dieser Staatsstreich der Existenz des Preußenstaates ein Ende setzte, der demnach von 1701 bis 1932 existierte. Die Hitlerschen Gesetze zum Neuaufbau des Reiches im Jahre 1934 beendeten die Existenz aller anderen deutschen Staaten. Ebenfalls sei erwähnt, daß die nach 1946 neu gegründeten Staaten keine Staaten im Sinne des Wortes, sondern bestenfalls Besatzungszonen sind.

Edgar Julius Jung - Märtyrer des Sacrum Imperium

Die Lösung, Hitler zum Reichskanzler zu machen, entsprang nicht etwa dem Bestreben, eine Gewaltherrschaft zu errichten, sondern dem typisch demokratischen Bemühen, die Regierung auf eine breitere parlamentarische Basis zu stellen. Dies entsprach auch der politischen Zielsetzung der SPD, der eine parlamentarische Regierung Hitler als kleineres Übel gegenüber einer Diktatur des Reichspräsidenten oder der Reichswehr erschien. Auch stand der schlichte Anstreicher und Gefreite aus Braunau/Inn dem Menschenbild der SPD näher, als ein hochmütiger Herrenreiter Schleicher resp. von Papen. Nicht dieser, sondern Hindenburg zog allerdings die Fäden, und so wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt, von Papen zum Vizekanzler.

Die Kanzlei von Papens wurde im Verlauf des Jahres 1933 zum Sammelbecken NS-kritischer Konservativer. Sie hofften auf eine Machtergreifung der Reichswehr, als Auslöser war die Rede Papens gedacht, die Jung verfaßte, so wie er viele Reden Papens verfaßt hatte. Papen hielt diese Rede vor Studenten in Marburg am 17. Juni 1934. NS-nahe Studenten verließen bereits während der Rede von Papens den Saal. Den unversöhnlichen Haß der Nationalsozialisten zog sich allerdings konsequenterweise der Autor der Rede, Edgar Julius Jung zu. Ihn verhafteten die Nazis binnen weniger Tage und ermordeten ihn, wohl auf dem Gelände des KL Oranienburg am 1. Juli 1934.

Es ist die ewige Schande der deutschen Militär-Aristokratie, daß sie die damit vollzogene Metamorphose Deutschlands zum Mörder-Staat widerstandslos hinnahm, obwohl sie bis zu diesem Zeitpunkt durchaus in der Lage war, die Mörderbande Hitler, Himmler & Co. zu beseitigen. Der optimale Zeitpunkt war allerdings bereits während der Krise 1932/33, wo die Reichswehr, gedeckt und befehligt vom Reichspräsidenten, ohne nennenswerte Probleme die Militärdiktatur hätte aufrichten können.

Hitler, Thälmann und die Führungsmannschaft von NS und Kommunisten hätte man dann erschießen können, die Parlamentarier und Funktionäre dieser Verbrecher-Parteien wären für Jahrzehnte hinter Zuchthausmauern verschwunden, doch leider waren die preußischen "Aristokraten“ zu feige, die vorliegenden und erfolgversprechenden Pläne zu realisieren und richteten lieber Deutschland zugrunde, so wie sie zuvor schon Preußen ruiniert hatten.

Wie sah die Rede aus, die den Zorn des NS-Demokraten Hitlers erregte? Sie brachte ein Programm, das auch die BRD-Demokraten sofort als rechtsradikal brandmarken würden. Jung wäre heute ein Fall für den Verfassungsschutz, ein Fall für die BRD-Mordhetze, ebenso wie er es für die Nazi-Hetze war. Aus jeder CDU-Fraktion würde ein Jung heute ohne zu zögern ausgeschlossen.

Die Forderungen Jungs

  • Nur die Orientierung auf Gott gibt der Forschung und der Wissenschaft ihren Sinn.
  • Eine verantwortungsbewußte Freiheit der Presse wird angemahnt.
  • Indirekt wird zugegeben, daß das Ausland mit seiner Kritik am neuen Regime (teilweise) recht hat.
  • Der berechtigte Kampf gegen den (linken) Intellektualismus darf sich nicht in grundsätzliche Geistfeindlichkeit wandeln.
  • Das NS-Schlagwort gegen die Reaktion sei vom Marxismus übernommen.
  • Politische Reform darf nicht zu totalitärer Lebensreform werden.
  • Der heroische Einzelne ist das Ziel, Kollektivismus hingegen ist der Individualismus der Masse, die nicht mehr das Ganze, sondern nur noch sich selber will.
  • Klassen- oder Standesrevolution zerstört jede natürliche und göttliche Ordnung, es droht die Revolution in Permanenz.
  • Eine anti-demokratische Revolution kann nur dann zu Ende gedacht werden, wenn sie mit dem Grundsatz der Volkssouveränität bricht und wieder zu dem der natürlichen und göttlichen Herrschaft zurückkehrt.
  • Die Vorherrschaft einer einzigen Partei ist lediglich ein Übergangszustand.
  • Völkisches Bewußtsein muß im Gegensatz zum Staats-Nationalismus stehen.
  • Die geschichtliche Logik verlangt, daß auf den liberalen, weltlichen Staat von 1789 der religiös fundierte Staat der deutschen Gegenrevolution folge.
  • Herrschaft des (NS-)Schlagwortes ist das gleiche wie der angeblich bekämpfte übelste linke Intellektualismus.
  • Der Slogan "Du bist nichts, dein Volk ist alles“ ist abzulehnen.
  • Der Glaube, ein Volk mit Terror einen zu können, ist verwerflich. In diesem Zusammenhang wird die von den Linksnationalsozialisten gewünschte "zweite Revolution" verworfen.
  • Kein Volk kann sich den ewigen Aufstand von unten leisten, wenn es vor der Geschichte bestehen will.

So weit also die Kernaussagen Jungs. Den gesamten Wortlaut der Rede finden Sie h i e r.

Auswahlbibliografie Edgar Julius Jungs

  • In eigener Sache. In: Münchener Neueste Nachrichten (MNN) vom 20. 3 1925.
  • Die Herrschaft der Minderwertigen. Ihr Zerfall und ihre Ablösung. Berlin 1927.
  • Die Herrschaft der Minderwertigen. Ihr Zerfall und ihre Ablösung durch ein Neues Reich. 2. Auflage [d.i. Neufassung] Berlin 1929/30.
  • Volkserhaltung. In: Deutsche Rundschau (DR) März 1930, S. 185-196.
  • Die Erschießung des Heinz-Orbis in Speyer. In MNN vom 23. 11. 1930
  • Aufstand der Rechten. in: DR, November 1931, S. 81-86.
  • Föderalismus aus Weltanschauung. München 1931.
  • Neubelebung von Weimar? In: DR, Mai 1932, S. 153-162.
  • Deutschland und die konservative Revolution. In: Deutsche über Deutschland. Die Stimme des unbekannten Politikers. München 1932, S. 369-383.
  • Deutsche Unzulänglichkeiten. In: DR, November 1932, S. 81-86
  • Einsatz der Nation. In: DR. März 1933. S. 155-160
  • Sinndeutung der deutschen Revolution. Oldenburg 1933
  • Die christliche Revolution. In: DR. September 1933, S. 142-147. Denkschrift Jungs an Papen, verfaßt im April 1934 (?). Abschrift beim Institut für Zeitgeschichte München, Fotokopienarchiv 98/2375/59
  • Die geistige Krise des jungen Deutschland. Berlin ohne Jahrgang.

Literatur zu Edgar Julius Jung

  • Ziegler, Leopold: Edgar Julius Jung - Denkmal und Vermächtnis. Salzburg 1955
  • Graß, F.: Edgar Julius Jung - 1894 -1934 in K. Baumann: Pfälzer Lebensbilder (Bd. 1). Speyer 1964
  • Jenschke, B. Zur Kritik der konservativ-revolutionären Ideologie in der Weimarer Republik. Weltanschauung und Politik bei Edgar Julius Jung. München 1971
  • Forschbach, E.: Edgar Julius Jung - ein konservativer Revolutionär. 30. Juni 1934. Pfullingen 1984
  • Merlio, Gilbert: Edgar Julius Jung ou l'Illusion de la "Révolution Conservatrice“ In: Revue d'Allemagne 16 (1984)
  • Weißmann, Karlheinz: Edgar Julius Jung In: Criticón 17, 1987

Kurzes Kalendarium im Jahre 1934

  • 17. 6.: In seiner "Marburger Rede“ wendet sich der deutsche Vizekanzler Franz von Papen gegen die revolutionären Ziele der Nationalsozialisten. Zahlreiche Konservative stützen den Vorstoß von Papens, darunter auch Präsident Paul von Hindenburg. Die Veröffentlichung der Rede wird sofort verboten (erfolgt aber doch).
  • 21. 6.: Hindenburg und Reichswehrminister von Blomberg drohen Hitler mit dem Ausnahmezustand, wenn dieser sich nicht in der Lage zeigen sollte, die Situation zu beherrschen.
  • 24. 6.: Der FC Schalke 04 wird durch einen Sieg über den 1.FC Nürnberg erstmals Deutscher Fußballmeister.
  • 25. 6.: Im Zusammenhang mit der "Marburger Rede“ von Papens wird Jung verhaftet.
  • 26. 6.: Göring wendet sich in Hamburg auf einer NSDAP-Versammlung gegen monarchistische Putschversuche.[1]
  • 29. 6.: Der Vatikan setzt Alfred Rosenbergs "Der Mythus des 20. Jahrhunderts“ auf den Index der verbotenen Bücher.
  • 30. 6.: Hitler läßt seinen SA-Stabschef und langjährigen Freund Ernst Röhm sowie andere hochstehende SA-Führer in einer vorbereiteten Aktion verhaften und ermorden. Als Vorwand für die Liquidierung der Führung der Sturmabteilung (SA), die auf eine "zweite Revolution“ drängt, wird eine geplante Revolte genannt, der "Röhm-Putsch“.
  • 1. 7.: Jung wird ermordet, wohl auf dem Gebiet des KL Sachsenhausen, da von einem "Wäldchen bei Oranienburg die Rede ist.[2] Wir vermuten, daß auch die BRD-Behörden den Mantel des Schweigens über Jungs Tod nicht lüften wollen.

Im Zusammenhang mit dem "Röhm-Putsch“ wurden insgesamt etwa 200 Oppositionelle ermordet, unter ihnen von Bose, Gregor Strasser, Gustav Ritter von Kahr und General Kurt von Schleicher. Die SA verlor an Bedeutung, die Reichswehrführung unterließ Protest gegen die Ermordung von zwei Generalen.

Verweise


Einzelnachweise

  1. Quelle: Kern
  2. Kern spricht vom "Gestapo-Palais“, das wäre dann das Prinz-Albrecht-Palais.