O Mensch, bewein' dein' Sünde groß

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O Mensch, bewein' dein' Sünde groß ist ein Passionslied des 16. Jh.


Zur Hymne

Das Lied basiert auf einer Passionsharmonie der vier Evangelien, die auch den Liedern „Christus, der uns selig macht“ und „Jesu Kreuz, Leiden und Pein“ zugrunde liegt. Eingebettet ist die Passion in das Symbol von Nikäa, damals und bis ins 18. Jh. Grundlage vieler protestantischer Lieder.

Mitte des 18. Jh. begann das Lied aus den Gesangbüchern zu verschwinden. Das EKG brachte das Lied wieder, allerdings nur die 1. und 23. Strofe.

Text der Hymne

Hier nach Elbing‘sches neuvermehrtes Gesangbuch 1794


1. O Mensch, bewein‘ dein Sünde groß,
darum Christus sein‘s Vaters Schoß
äußert[1] und kam auf Erden.
Von einer Jungfrau rein und zart,
für uns er hie geboren ward,
er wollt‘ der Mittler werden.
Den Toten er das Leben gab,
und legt dabei all‘ Krankheit ab,
bis sich die Zeit herdrange,
daß er für uns geopfert würd‘,
trüg unsrer Sünden schwere Bürd‘
wohl an dem Kreuze lange.


2. Denn als das Fest der Juden kam,
Jesus sein Jünger zu sich nahm,
gar bald tät er ihn‘n sagen:
Des Menschen Sohn verraten wird,
ans Kreuz geschlagen und erwürgt,
darauf die Juden dachten.
In Simons Haus ein Fraue kam,
viel köstlich‘s Wasser zu ihr nahm,
tat‘s übern Herren gießen.
Etlich‘ der Jünger murrten bald,
Jesus die Fraue gar nicht schalt,
das tät Judas verdrießen.


3. Zum Hohenpriester er sich macht,
den Herren zu verraten dacht,
nahm dreißig Pfennig b‘hende.
Bald Jesus mit sein‘n Jüngern kam,
und aß mit ihn‘n das Osterlamm,
und tät daßelbig enden.
Er satzt uns auf sein Testament,
sein‘n Tod zu b‘denken bis ans End‘,
und wusch den Jüng(e)rn die Füße,
er bild‘t ihn‘n für die Liebe schon,
und wie sie ihn würden verlass‘n,
mit Trost tät er‘s beschließen.


4. Darnach er an den Ölberg trat,
in Furcht und Zittern er da bat:
„Ach betet und tut wachen!“
Ein‘n Steinwurf er bald vorhin ging,
zu seinem Vater auch anfing:
„O Vater, tu hie machen,
daß dieser Kelch itzt geh von mir,
denn alle Ding‘ sind möglich dir,
doch es gescheh‘ dein Wille.“
Solch‘s er zu dreien malen tat,
so oft er zu den Jüngern trat,
sie schliefen all‘ in Stille.


5. Er sprach: „Schlaft ihr in meinem Leid?
Es ist g‘nug, die Stund‘ ist bereit,
des Menschen Sohn wird geben
in die Händ‘ der Sünder, steht auf,
der mich verrät, der lauret drauf,
nun betet ihr darneben.
Als er noch red‘t, sieh, Judas kam,
ein große Schar er mit ihm nahm
mit Spießen und mit Stangen.
Ein Zeichen der Verräter gab:
Welchen ich küß‘, merkt eben ab,
den sollt ihr weislich fangen.


6. Als Jesus nun wußt‘ alle Ding,
gar bald er ihn‘n entgegen ging,
und sprach zu ihn‘n mit Güte:
„Wen sucht ihr hie mit solcher G‘walt?“
„Jesum“ sprach‘n sie, und fielen bald
zurück in ihrem Wüten.
Judas gab ihm den Kuß behend,
der grausam Hauf‘ auf Jesum rennt,
und fingen ihn mit Grimme.
Petrus sein Schwert auszucket recht,
hieb ab ein Ohr des Bischofs Knecht,
Jesus bald antwort‘t ihme:


7. Ficht nicht, steck‘ ein das Schwerte dein,
soll ich den Kelch nicht trinken mein?
Den Knecht macht er gesunde.
Der Hauf‘ Jesum zu Hannas führt,
und auch zu Ka-ifas da rührt,
gefangen und gebunden.
Petrus folgt in den Hof hinein,
durch den bekannten Jünger sein,
verleugnet dreist den Herren.
Der Bischof fraget Jesum drat,
sie suchten falsche Zeug‘n und Rat,
ihn zu verdammen führen.


8. Christus antwortet ihnen nicht,
der Hohepriester zu ihm spricht:
Was tust du darzu sagen?
Ich b‘schwör dich bei dem Gotte mein,
sag, bist du Christ, der Sohne sein ?
Jesus antwort‘t ohn‘ Zagen:
„Ich bin‘s, und sag, zu dieser Zeit
werd‘t ihr des Menschen Sohne weit
in Wolken sehen kommen,
sitzen zur rechten Gottes fein.“
Der Bischof riß das Kleide sein,
und sprach: Ihr habt‘s vernommen,


9. daß er hat g‘lästert Gott so sehr,
er sprach: Merkt auf, was wollt ihr mehr?
Sie sprachen: Er soll sterben.
Und speiten ihm ins Angesicht,
viel Backenstreich auf ihn gericht‘,
mit Lästerworten herben,
verdeckten ihm das Antlitz sein,
und schlugen ihm mit Fäusten drein,
sagt‘n: „Wer hat dich geschlagen?“
Am Morgen früh‘ der Haufe gar
fragte Jesum mit mancher G‘fahr,
täten mit ihm bald jagen.


10. Und gaben ihn Pilato b‘hend,
als Judas sah, wo ‘naus es lendt,
tät ihn die Sach gereuen.
Das Geld er bald den Priestern gab,
und sprach: Ich sehr gesündigt hab,
erkannte sein Untreue,
Erhenkte sich und schnellt entzwei,
die Hohenpriester beiderlei
ratschlagten um das Gelde,
ein‘s Hafners Acker kauften sie
den Pilgern zum Begräbnis hie,
als auch der Prophet meldet.


11. Als Jesus vor Pilato stund,
erhub sich große Klag‘, ohn‘ Grund,
täten ihn hart verklagen:
„Dem Kaiser hat er wider g‘tan,
und nennet sich ein‘ Gottessohn,
verführt das Volk all‘ Tage.“
Pilatus ihn viel fragen tät,
Jesus aber kein Antwort red‘t,
das nahm Pilato Wunder.
Er schickt ihn zu Herodes hin,
Herodes freuet sich auf ihn,
meint zu sehn was Besonder‘s.


12. Als Jesus nun kein Antwort gab,
verachtet ihn Herodes drob,
schickt ihn Pilato wieder.
Pilatus b‘ruft die Juden, sprach:
„Den Menschen auch Herodes sah,
und achtet ihn für bieder.
Ein G‘wohnheit ihr allwege habt,
darinn‘ ihr ein‘n Gefangnen labt,
Jesum will ich losgeben.
Sie schrieen all mit lauter Stimm‘:
Jesum uns an das Kreuze nimm,
Barrabam laß uns leben.


13. Pilatus Jesum geißeln ließ,
und unt‘r die Schar ins Richthaus stieß,
Jesus ein‘n Purpur truge.
Aus Dornen flochten sie ein‘ Kron‘,
die mußte durch sein Haupte gahn,
mit ein‘m Rohr sie ihn schlugen,
und grüßten ihn ein‘n König mit Spott,
speiten aus in sein Ang‘sicht Kot,
sein heilig‘s Haupt auch schlugen.
Pilatus sprach: „Seht an den Mann,
an dem ich kein Arg‘s finden kann,
und hab nicht Strafens Fuge.“


14. Sie schrieen all‘ mit lauter Stimm‘:
„Kreuzige, kreuzige, den hin nimm,
sonst bist nicht Kaisers Freunde!“
Als nun Pilatus hört das Wort,
satzt er sich an des Richters Ort,
wusch die Händ‘, wollt sein ohn‘ Sünde,
gab ihn‘n den Mörder Barrabam,
bald Jesum er zu kreuz‘gen nahm,
nach ihrem falschen Willen.
Sein Kleider sie antäten ihm,
und führten ihn mit großem Grimm,
das Kreuz trug er in Stille.


15. Als sie nun gingen aus mit ihm,
zwung‘n sie Simon in ihrem Grimm,
daß er ihm‘s Kreuz nachtrüge.
Viel Volks und Frauen weinten da,
bald Jesus sprach, als er sie sah,
tät sich zu ihnen biegen,
sprach: „Weinet nicht über mich,
ihr Töcht‘r Zion, beweine sich
ein jedes und sein Kinde,
ihr werd‘t noch sprechen: Selig die
Unfruchtbarn und die säugten nie,
für Furcht und Qual der Sünde.“


16. Sie kamen bald zur Schädelstätt,
zween Übeltäter man da hätt‘,
die man ans Kreuz auch schluge
zur linken und zur rechten Hand,
wie es die Schrift längst hat bekannt.
Jesus bald sprach mit Fuge:
„Verzeih ihn‘n, Vater, diese Tat,
keiner weiß, was er hie g‘tan hat.“
Pilatus tät auch schreiben
hebräisch, griechisch und latein:
„Jesus ein König der Jüden fein.“
das tät die Priest’r betrüben.


17. Als Jesus nun gekreuzigt war,
sein Kleider sie bald nahmen dar,
und spielten drum b‘hende.
Auch Jesus da sein Mutter sah,
dazu Johannem, bald er sprach:
„Weib, diesen ich dir sende,
dies ist dein Sohn.“ Zum Jünger spricht:
„Das ist dein Mutter, laß sie nicht!“,
bald er sie zu sich nahme.
Die Hohenpriester trieben Spott,
auch andre viel lästerten Gott:
„Bist du, der von Gott kame?“


18. Bist du nun Gottes lieber Sohn,
steig‘ itzt vom Kreuz, hilf dir davon,
das täten auch die Schächer.
Doch einer sich zum andern kehrt,
Jesu Unschuld er ihn da lehrt,
sprach: „Jesu, denk‘ mein nacher,
so du kommst in das Reiche die!“
Er sprach: „Heut‘ wirst du bei mir sein
wohl in dem Paradiese.“
Ein Finst‘rnis ward zur sechsten Stund,
um neune Jesus schrie von Grund,
mit lauter Stimm‘ und Weise.


19. „Mein Gott, mein Gott,
wie läßt du mich!“
Im Spott brachten sie bald Essig,
und gaben ihm zu trinken.
Als Jesus den versuchet hat,
sprach er: „Vollbracht ist, das ich tat.“
Sein Haupt ließ er da sinken.
„O Vater, in die Hände dein
befehl‘ ich dir den Geiste mein“,
schrie er mit lauter Stimme.
Gab auf sein‘n Geist, der Vorhang b‘hend
im Tempel riß entzwei zu End‘,
die Felsen wichen ihme.


20. Das Erdreich auch erzittert war,
die Gräber wurden offenbar.
Der Hauptmann und sein G‘sinde
sprachen: „Fürwahr, der Fromme was,
und Gottes Sohn, dies zeiget das,
schlugen ihr Herz g‘schwinde.
Als sie den Schächern brach‘n die Bein,
war Jesus tot, brachen ihm kein,
und stachen auf sein Seite.
Es rann daraus Wasser und Blut,
der‘s hat gesehen, der zeuget‘s gut,
die Schrift zeuget‘s auch weiter.


21. Nachdem als nun der Abend kam,
Joseph, der fromme, Jesum nahm
vorn Kreuz, ihn zu begraben;
Dazu auch Nikodemus kam,
viel Aloe und Myrrhen nahm,
damit sie Jesum haben
gewickelt in ein Leinwand rein,
da war ein Grab in einem Stein,
in einem Felsen neue,
darein sie Jesum legten schön,
täten ein‘n Stein darüber tun,
und gingen hin mit Reue.


22. Die Jüden führten noch ein Klag‘,
verhütens Grab an dritten Tag,
Jesus stund auf mit G‘walte,
auf daß er uns ja frömmer nacht,
und mit ihm in sein Reiche brächt
aus der sündlichen G‘stalte.
Darum wir sollen fröhlich sein,
daß unser Seligmacher fein,
Christus, hat überwunden
für uns der Sünden große Not,
dazu die Hölle und den Tod
und auch den Teufel gebunden.


23. So laßt uns nun ihm dankbar sein,
daß er für uns litt solche Pein,
nach seinem Willen leben.
Auch laßt uns sein den Sünden feind,
weil uns Gott‘s Wort so helle scheint,
Tag und Nacht darnach streben,
die Lieb erzeigen jederman,
wie Christus hat an uns getan,
mit seinem Leid‘n und Sterben.
O Menschenkind, betracht‘ es recht,
wie Gottes Zorn die Sünde schlägt,
tu dich dafür bewahren!


Verweise


Einzelnachweise

  1. d. i. verließ