Wlassow, Andrej Andrejewitsch
- * 14. September 1901 in Lomakino, Gouvernement Nischni Nowgorod
- † 1. August 1946 in Moskau
Andrej Andrejewitsch Wlassow war ein sowjetischer Generalleutnant. In deutscher Gefangenschaft wechselte er die Seiten und baute die Russische Befreiungsarmee – Russkaja Oswoboditelnaja Armija, ROA, auch Wlassow-Armee genannt – auf, die im Deutsch-Sowjetischen Krieg auf der Seite des Deutschen Reiches kämpfte.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Nach einer Ausbildung an einem russisch-orthodoxen Seminar trat Wlassow 1919 in die Rote Armee ein. ER war damals geblendet von der roten Propaganda. Wlassow kämpfte an vielen Fronten im Bürgerkrieg. 1930 trat Wlassow in die Kommunistische Partei ein. 1935 war er an der Frunse-Militärakademie. Er war ein erfolgreicher Karriere-Offizier.
Zweiter Weltkrieg
Im WK 1I kämpfte Wlassow äußerst erfolgreich. Dafür wurde er von dem jüdischen Dichter Ilja Ehrenburg literarisch verewigt. Weit gen Westen vorgestoßen, wurde seine Armee nicht mehr versorgt, so daß tausende Soldaten verhungerten. Wlassow geriet in Gefangenschaft. Hier betätigte er sich sofort antikommunistisch. Im Jahre 1944 wurde ihm gestattet, eine antikommunistische Armee zu begründen. Am 10. Februar 1945 übernahm er in Münsingen auf der Schwäbischen Alb den Oberbefehl über die neue Armee. Nach wenigen und kurzen Kämpfen ergab er sich den Amerikanern in Böhmen. Diese übergaben ihn umgehend den sowjetischen Verbrechern.
Prozeß und Ermordung
Sein Prozess, der unter Ausschluß der Öffentlichkeit geführt wurde, begann am 30. Juli 1946 und endete schon zwei Tage später mit dem Todesurteil. Am 1. August 1946 wurde Wlassow in der Moskauer Lubjanka gehängt.
Seine politischen Ziele veröffentlichte Wlassow im propagandistisch motivierten sogenannten Prager Manifest vom 14. November 1944. Er wollte einen Sturz des Bolschewismus, aber keine Rückkehr zum Zarentum. Wlassow proklamierte den Schutz des Einzelnen vor der Willkür und die Möglichkeit der Aneignung der Früchte eigener Arbeit, ferner die bürgerlichen Freiheits-Grundrechte und den Schutz des durch eigene Arbeit erworbenen Privateigentums.
Russische Rezeption
Die Sowjetunion betrachtete Wlassow als Verräter, doch wird seine historische Rolle im heutigen Russland von bedeutenden Historikern positiv gesehen. In ihren Augen war er der Exponent einer in der UdSSR weit verbreiteten, wegen des blutigen Staatsterrors jedoch nicht organisierten Opposition zum Bolschewismus, die keine andere Möglichkeit sah, als mit dessen Feinden zu kollaborieren.
Literatur
chronologisch
- Aus Hitlers Fehlern lernen. In: Der Spiegel. Nr.7, 1950, S.17
- Edwin Erich Dwinger: General Wlassow – Die Tragödie des Osten. Authentischer Bericht. Otto Dikreiter Verlag 1951.
- Günther Hecht: General Wlassow. Millionen Russen vertrauten ihm. Zeitbiographischer Verlag, Limburg an der Lahn, 1960
- Sven Steenberg: Wlassow, Verräter oder Patriot? Wissenschaft und Politik, Köln 1969
- Wilfried Strik-Strikfeldt: Gegen Stalin und Hitler. General Wlassow und die russische Freiheitsbewegung. 2. Aufl. Mainz 1970
- Mark Elliott: Andrei Vlasov. Red Army General in Hitler’s Service. In: Military Affairs. Jg. 46, Nr. 2. 1982
- Joachim Hoffmann: Die Geschichte der Wlassow-Armee. 2., unveränd. Aufl. Freiburg 1986
- Catherine Andreyev: Vlasov and the Russian liberation movement: Soviet reality and émigré theories. Cambridge [u. a.] 1988
- Jürgen Thorwald: Die Illusion. Rotarmisten gegen Stalin. Die Tragödie der Wlassow-Armee. Aktualisierte und überarb. Ausgabe der 2. Aufl. von 1976. Droemer Knaur, München 1995
- Aleksandr Lapsin: Rokovaja schvatka: Vlasov, Stalin, Allilueva, Gitler, Berija i drugie – neizvestnoe. Moskau 1997
- Julij A. Kwicinskij: General Vlasov: put’ predatel'stva. Moskau 1999
- Ernst-Joachim Westerburg: Deutschland und Rußland. Zu den außenpolitischen Konzepten des deutschen Widerstandes und der Vlasov-Anhänger im 2. Weltkrieg. Europaforum, Lauf an der Pegnitz 2000 (Magisterarbeit, Universität Marburg).
- Wladimir Batsew: Vlasov. Opyt literaturnogo issledovanija. Frankfurt am Main 2001
- Matthias Schröder: Deutschbaltische SS-Führer und Andrej Wlasow 1942–1945. „Rußland kann nur von Russen besiegt werden“: Erhard Kroeger, Friedrich Buchardt und die „Russische Befreiungsarmee“. Schöningh, Paderborn u. a. 2001, (= Dissertation, Universität Münster 2000).
- Joachim Hoffmann: Die Tragödie der „Russischen Befreiungsarmee“ 1944/45. Wlassow gegen Stalin. München 2003
- Helmut Roewer, Stefan Schäfer, Matthias Uhl: Lexikon der Geheimdienste im 20. Jahrhundert. Herbig, München 2003
Verweise